Sterben ohne unsere Hilfe?

Vor langer Zeit starb ein Pferd, das ich sehr mochte, in unserem Stall. Es lag morgens vor der Futterraufe und atmete schwer. Als ich kam, lebte es aber noch und ich rief der Tierarzt und eine Bekannte, die ihr Pferd auch dort stehen hatte. Als sie eintraf, sagte ich, sie sollte beim Pferd bleiben, auf den Tierarzt warten und ich fahre schnell zum Heilpraktiker, Hilfe holen. Als ich wieder kam war das Pferd tot und meine Bekannte erzählte mir, dass sie beim Pferd saß, es streichelte, da lebte es noch. Als sie kurz ein paar Meter wegging, um zu schauen, ob der Tierarzt sie auch findet und wieder kam, war das Pferd tot.

Was habe ich mich damals geärgert. Ich konnte ihr nicht Lebewohl sagen, sie stirbt einfach, wenn ich nicht da bin. Ich fand das unfair, nicht bei ihr gewesen zu sein, wenn sie ihren letzten Atemzug nimmt. Dabei sagen doch alle, dass man das Pferd in diesem Moment begleiten und halten soll...

Ich fühlte mich schlecht.

 

Im Sommer 2018 geschah folgendes, was mich jetzt besser verstehen läßt, was damals geschah.

Ich träumte Nachts von meiner Stute Snaelda: "Was immer am nächsten Tag geschehen würde, sei richtig und wichtig", so verstand ich den Traum. Ich wußte aber nicht was geschehen würde.

Ich hatte die 33 jährige Snaelda lange nicht mehr zum Reiten hergenommen, sie sah zerbrechlicher aus als früher und wirkte manchesmal so zierlich und frech, wie sie früher als Jungpferd war.

Als ich an diesem Tag kam, lag sie auf der Wiese und ich wußte, es ist so weit. Sie steht nicht mehr auf. Sie wird von uns gehen. Ich sagte den Kindern, sie sollten Abschied nehmen. Sie taten es, obwohl sie mir nicht glaubten, dass Snaelda wirklich heute sterben wird. Sie bekam einen Sonnenschirm, Äpfel und Wasser, damit sie nicht in der Sonne Hunger und Durst leiden musste.

In mir wurde klar, Snaelda will noch etwas loswerden und sie will noch warten, bis meine Nachbarin bei ihr war, um sich zu verabschieden. Ich ging mit meiner Tochter etwas zur Seite und wir schauten mit meiner Methode, was die Botschaft war, die Snaelda uns noch übermitteln wollte. Anhand unserer inneren Bilder nahm Snaelda Abschied, sie war gut gelaunt und sie wies uns an, sie nun alleine zu lassen. Sie wollte ja noch auf meine Nachbarin warten. Auch nach Nachfragen, ob wir nicht bei ihr bleiben sollten, wurden wir belächelt, als wollte sie sagen, "ja, das denkt ihr Menschen euch so".

Da wir eine halbe Stunde Autofahrt weit weg wohnten, konnten wir dann auch nicht alle Stunde nach ihr schauen kommen. Sie gab uns aber das Gefühl des Traums mit auf den Weg: Es ist richtig und wichtig, dass es genau so geschieht. 

Wir gingen und ich sagte meiner Nachbarin, sie solle gleich nach der Arbeit nach Snaelda schauen. wenige Stunden später kam ihr Anruf, sie war bei ihr, Snaelda lebte noch und sie habe sich verabschiedet. Ob ich sicher sei, dass sie heute stirbt, fragte sie noch. Ich sagte "ja".

Eine Stunde später klingelte wieder das Telefon, meine Nachbarin war es. Sie erzählte, dass sie eben noch einmal bei Snaelda war, sie war schon tot und steif.

 

Snaelda starb ebenfalls, als niemand hinsah. Sie wollte es so. Damals die Stute tat es so. Da fällt mir ein, auch Kinder, die auf die Welt kommen, kommen am einfachsten, wenn niemand hinsieht. Je mehr Scheinwerfer auf sie gerichtet sind, desto schwieriger die Geburt. Vielleicht sind Geburt und Tot doch noch Mysterien, die jeder am liebsten nur mit sich selbst ausmachen möchte?